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Der zentralisierte Spendenhahn

Calle B. Calle B. Folgen
Feb 01, 2022 · 3 Minuten Lesezeit
Der zentralisierte Spendenhahn
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Die meisten aktivistischen Strukturen finanzieren sich durch Spenden von Unterstützer*innen. Viel zu oft verlassen sich Aktivist*innen darauf, dass Kreditkartenunternehmen, Banken, und Zahlungsdienstleister ihnen wohlgesonnen sind und dabei mitspielen. Leider gehört es aber zum Standardarsenal autoritärer Systeme, denen den Geldhahn zuzudrehen, die unangenehm werden, wie auch jetzt wieder zu beobachten ist im Fall der Progressive International (PI), einer weltweiten aktivistischen Bewegung.

Nach eigenen Angaben wurden dieser Organisation nun die Möglichkeit genommen Spenden zu empfangen, nachdem Sie angekündigt haben eine COVID-19 Impfkampagne in Cuba unterstützen zu wollen.

PI hat dabei ziemlich schnell zu spüren bekommen, dass vermutlich nur einige Telefonate dazu ausgereicht haben, um das Handeln der gesamten Organisation stillzulegen, indem man ihren “Single Point of Failure” angriff. Da keine Organisation sich darauf verlassen kann, dass Visa, Mastercard, oder PayPal ihre Rechte im Zweifelsfall verteidigen, haben PI erkannt, dass nur Bitcoin im Notfall als zuverlässige Finanzierungsquelle dienen kann.

Die ideologische Richtung spielt keine Rolle

Man sollte nicht annehmen, dass die ideologische Richtung der Kampagne eine tragende Rolle dabei spielte, als es darum ging, ihr das Leben zu erschweren. Am selben Tag, an dem Spenden an die PI verhindert wurden, ist offenbar das GoFundMe Spendenkonto von insgesamt 10 Millionen Dollar des Trucker Konvois in Canada, die gegen die dortigen Pandemiemaßnamen demonstrieren, gesperrt worden.

Präzedenzfälle: Feminist Coalition Nigeria und Wikileaks

Auch dies zeigt, wie schnell und einfach eine Bewegung in die Knie gezwungen werden kann. Bitcoin hat schon mehrfach bewiesen, dass es als rettender Strohhalm dienen kann, wenn eine Regierung den Geldfluss behindert. Ein Beispiel aus 2020 ist die Feminist Coalition in Nigeria, die binnen kurzer Zeit auf Bitcoin umsteigen musste, als die Regierung ihnen die Möglichkeit Spenden zu sammeln versperrte.

Fast schon zum Gründungsmythos von Bitcoin gehört der Fall Wikileaks, denen PayPal 2010 nach dem Veröffentlichen der “Afghan War Diaries” ihr Konto einfror. Damals wurde gefordert, dass Bitcoin Wikileaks zu Hilfe kommen solle. Satoshi Nakamoto, Erfinder/in von Bitcoin, war zurückhaltend, weil er/sie wusste, dass unerwünschte Aufmerksamkeit dem jungen Projekt schaden könnte:

It would have been nice to get this attention in any other context. WikiLeaks has kicked the hornet’s nest, and the swarm is headed towards us.

Er/sie war so besorgt, dass dies der letzter Post in dem bitcointalk Forum sein sollte. Wikileaks hat danach dennoch angefangen Bitcoin Spenden zu akzeptieren.

Unbequeme Bewegungen dürfen nicht erst dann, wenn es zu spät ist, auf zensurresistente Finanzierungswege umsteigen, denn eingefrorene Konten bleiben meist unerreichbar. Bitcoin fragt nicht, warum man es benutzen möchte. Es ist ein zuverlässiges Mittel, ein Projekt zu finanzieren und sollte daher immer schon von Anfang an als Spendenoption in Betracht gezogen werden.

Calle B.
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Wissenschaftler und Open-Source Hacker.